Öffentlichkeit von Sitzungen

Der Aktive Bürgerverein setzt sich dafür ein, dass so weit wie möglich alle Themen des Gemeinderates in der öffentlichen Sitzung behandelt werden. Deshalb stellt er zwei Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung, um die Öffentlichkeit zu bewahren.

Im Gemeinderat sitzen die gewählten Vertreter der Bürger. Sie sind durch die Wahl entsandt, damit sie „die für das gesamte Gemeinwesen richtigen Entscheidungen“ herbeiführen. Die Gemeinderäte sind nicht einzelnen Bürgern, Gruppierungen oder Interessenvertretungen (auch den Fraktionen) direkt verpflichtet, sondern unterliegen in ihren Entscheidungen im Sinne der Allgemeinheit allein ihrem Gewissen.

Dennoch sind sie den Bürgern als Ganzes Rechenschaft schuldig, weil sie die Bürger als Gesamtheit repräsentieren und beauftragt sind, in ihrem Sinne zu handeln.

Die Gemeinderäte sollten ein offenes Ohr für die Belange der Bürger haben.

Der Gemeinderat steht in einem wechselseitigen Verhältnis zu den Bürgern. Der Gemeinderat berücksichtigt ihre Meinungen, Sorgen und Anregungen und informiert über Sachverhalte, Entscheidungsprozesse und Beschlüsse. Jeder Einwohner der Gemeinde hat die Möglichkeit, sich direkt an einen Mandatsträger zu wenden, um seine Anliegen darzulegen oder um Informationen einzufordern. Dadurch wird die Arbeit des Gemeinderates nachvollziehbar.

Bürger einbeziehen

Der Gemeinderat ist aber auch auf die Mitwirkung der Bürger angewiesen. Oft muss ein Gemeinderat über Themen entscheiden, von denen er nicht direkt betroffen ist oder bei dem ihm die Sachkompetenz für ein fundiertes Urteil fehlt. Er kann sich dann zur besseren Meinungsbildung die Sichtweise der Betroffenen einholen und muss sich Stellungnahmen von Fachleuten gegebenenfalls auch von externen Experten besorgen können. Des weiteren können Ideen und Anregungen wichtige Impulse bieten.

Durch dieses Wechselspiel sind die Bürger an der Gemeinderatsarbeit beteiligt. Sie können sich einbringen, sich ein eigenes Urteil bilden und sind zu sachgerechter Kritik fähig.

Der Bürger hat außerdem eine wichtige Kontrollfunktion. Er überwacht, dass Beschlüsse sachlich und argumentativ fundiert sind und nicht beeinflusst werden durch unzulässige Einwirkung persönlicher Beziehungen und Interessen. Im Zweifelsfall kann er sich an seine Vertreter oder den Rat wenden (GO Art. 56 (3) ). Darüber hinaus gibt es weitere Möglichkeiten sich Gehör zu verschaffen (Bürgerantrag, in der Bürgerversammlung oder durch Bürgerbegehren; §18 der GO).

Schließlich kann der Bürger als letztes Kontroll- und Mitbestimmungs­instrument bei der nächsten Wahl seinem Urteil und Willen Ausdruck verleihen.

Zugang zu Information

Die Beteiligung, Mitwirkungsmöglichkeit und Kontrollfunktion durch die Bürger sind jedoch nur möglich, wenn die Arbeit des Gemeinderates bekannt und öffentlich ist. Es ist als erstes wichtig, dass jeder weiß, welche Themen in den öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungen behandelt werden (Veröffentlichung der Tagesordnung). Außerdem muss jeder die Beratung, Urteilsfindung und Begründung eines Themas oder Beschlusses nachvollziehen können. Es ist für die Meinungsbildung wichtig, auch zu wissen, welche Argumente in der Diskussion eine Rolle gespielt haben (und eventuell verworfen wurden), welche Alternativen es gab und wer sich für welche Position eingesetzt bzw. abgestimmt hat.

Damit die Demokratie funktioniert, muss der Bürger seine Rolle als Mitwirkender aber auch wahrnehmen. Er sollte auch die öffentlichen Gemeinderatssitzungen verfolgen. Das heißt nicht, dass alle Einwohner bei jeder Sitzung anwesend sein müssen. Aber es wäre sinnvoll, bei den Themen im Rat anwesend zu sein, die denjenigen besonders betreffen oder über die derjenige besonders gut Bescheid weiß. Außerdem darf jeder Bürger die Protokolle der öffentlichen Sitzungen in der Gemeinde einsehen.

Idealerweise geht die Gemeinde auf die Bürger zu. Sie macht die Informationen leicht zugänglich (Veröffentlichung der Protokolle, Satzungen, Verordnungen usw. im Internet, Informationsfreiheitssatzung).

Ein Gemeinderat ohne Anteilnahme und Einmischung der Bürger ist ein schwacher Gemeinderat!

Öffentliche Sitzungen

Grundsätzlich sind alle Gemeinderatssitzungen öffentlich!
Das ist in der bayerischen Gemeindeordnung Art. 52 (2) und der Geschäftsordnung für den Gemeinderat Heigenbrücken § 16 (1) geregelt. Auch vorberatende Ausschüsse sollten grundsätzlich öffentlich sein (Busse, Seite 41). Dass ein Thema in nicht-öffentlicher Sitzung behandelt wird, ist ausdrücklich die Ausnahme.

Die Einladung und Tagesordnungspunkte der öffentlichen Sitzung müssen vorher bekannt gemacht werden (Geschäftsordnung §19). Die Sitzungs­protokolle dürfen von jedem Gemeindebürger eingesehen werden (Geschäftsordnung § 30).

Ein Beschluss, der unberechtigterweise in nicht-öffentlicher Sitzung gefasst wurde, führt nach aktueller Rechtsauffassung vermehrt zur Nichtigkeit des Beschlusses (Stellungnahme der Regierung von Unterfranken).

Geheim ist geheim

Nicht-öffentlich ist eine Sitzung nur dann, wenn die „Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder auf berechtigte Ansprüche Einzelner“ dem entgegen stehen (GO Art. 52 (2) und Geschäftsordnung §16 (1) ). Insbesondere werden in der Geschäftsordnung folgende Themen für nicht-öffentliche Sitzungen genannt:
1. Personalangelegenheiten in Einzelfällen
2. Rechtsgeschäfte in Grundstücksangelegenheiten
3. Angelegenheiten, die dem Sozial- oder Steuergeheimnis unterliegen
Alle anderen Themen sollen grundsätzlich öffentlich behandelt werden.

Die Beschlüsse nicht-öffentlicher Sitzungen sind öffentlich bekannt zu machen, sobald die Gründe der Geheimhaltung weggefallen sind.

Die Nicht-Öffentlichkeit dient dem Schutz. Der Gemeinderat ist zur Geheimhaltung aller Themen, Umstände und Diskussionen der nicht-öffentlichen Sitzung verpflichtet. Es liegt nicht im Ermessen der Einzelperson darüber zu entscheiden. Jeder Gemeinderat sollte mit besonderer Sorgfalt darauf achten, diese Schutzfunktion zu wahren!

Ein Missbrauch der Verschwiegenheitspflicht wird als Ordnungswidrigkeit und in extremen Fällen als Straftatbestand gewertet.

Das bedeutet, dass sich für den einzelnen Gemeinderat für die Handhabung der Themen aus nicht-öffentlichen Sitzungen erhebliche Einschränkungen und Schwierigkeiten ergeben: Er kann sich nur unter Verschleierung dazu beraten lassen. Er kann nur sehr eingeschränkt über das Thema in seiner Fraktion oder in der Öffentlichkeit diskutieren (wenn überhaupt).

Schwierigkeiten in der Praxis

Mitglieder des Gemeinderates sind einer starken Belastung ausgesetzt. Der zeitliche Aufwand für Sitzungen und Ausschüsse ist groß. Aber noch schwerer wiegt die Energie und Zeit, die sie investieren müssen, um sich in die Themen der Sitzungen einzuarbeiten. Es wird von ihnen verlangt, dass sie ein wohlbegründete Meinung vertreten, die sie vor den Bürgern rechtfertigen können.

Sie müssen dabei den Spagat bewältigen, dass sie die Bürgernähe suchen, die Stimmungen berücksichtigen und die Sorgen ernst nehmen. Gleichzeitig müssen sie sich jedoch von einer einseitigen Sichtweise loslösen, die gesamte Gemeinde in den Blick nehmen und versuchen, unabhängig die beste Lösung unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten zu finden.

Es gibt viele Themen, die in der Öffentlichkeit schnell die Emotionen hochkommen lassen. „Unpopuläre“ Entscheidungen lassen sich nicht vermeiden. Es wird Stimmung gemacht. Jemand oder eine Gruppierung fühlt sich benachteiligt und so weiter. Der Gemeinderat kann dabei schnell ins Kreuzfeuer geraten.

Der Gemeinderat muss (immer wieder neu) lernen diesem Druck zu widerstehen. Er muss seine Meinung bzw. Entscheidung standhaft begründen und für Verständnis durch Offenlegung der Rahmenbedingungen in der Öffentlichkeit werben.

Der Bürger muss die Auffassung des Gemeindevertreters respektieren und lernen, zwischen Mandatsträger als gewähltem Vertreter und der Privatperson zu unterscheiden.

Es ist keine Lösung, diesem Druck auszuweichen und der Öffentlichkeit aus dem Weg zu gehen. Die enge Wechselwirkung zwischen Bürger und Rat (bzw. Parlament) ist ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie. Es gilt vielmehr durch eine gute Diskussionskultur im Gemeinderat und mit den Bürgern das Verständnis und Zusammenspiel zu verbessern.

Es scheint sinnvoll, sich darüber Gedanken zu machen, wie man proaktiv den Umgang mit Öffentlichkeit und Presse sinnvoll gestalten kann.

Grundlagen der Öffentlichkeit schaffen

Der aktive Bürgerverein hält das Demokratieprinzip der Öffentlichkeit für so wichtig, dass er durch zwei Änderungen der Geschäftsordnung die Sicherung der Öffentlichkeit bewahren möchte.

Es gibt wenige und klare Ausnahmen für nicht-öffentliche Sitzungen. Deshalb beantragen wir, dass für jedes Thema, das in nicht-öffentlicher Sitzung behandelt wird, eine kurze (nicht-öffentliche) Begründung angegeben wird. Falls der Anspruch auf Öffentlichkeit im Einzelfall unklar zu sein scheint, kann das im Gemeinderat diskutiert werden.

Außerdem beantragen wir, dass auch die Tagesordnung der nicht-öffentlichen Sitzungen in bereinigter Form veröffentlicht wird und zwar so, dass der Zweck der Nicht-Öffentlichkeit nicht gefährdet wird. Die Themen können dafür anonymisiert oder allgemeiner formuliert werden. Das wird in Heinrichthal bereits so gehandhabt und wurde in der Geschäftsordnung der Verwaltungsgemeinschaft auch so beschlossen.

Wir haben es selbst in der Hand, wie wir in Heigenbrücken Gemeinde und Gemeinschaft leben wollen.

Uns stehen große Aufgaben bevor. Wir können sie besser bewältigen, wenn wir durch Offenheit und Beteiligung alle Bürger einbeziehen.

Der neue Gemeinderat ist ein neuer Anfang! Wir laden alle Bürger und Gemeinderäte ein, über unser Selbstverständnis als demokratische Gemeinschaft offen zu diskutieren.

Der Aktive Bürgerverein
(verfasst von J. Drechsler)

Quellen und Verweise

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